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Der Gasangriff


Die moderne Kriegsführung im 3. Reich erläuterte unser Lehrer in der Volksschule –ein alter Nazi – so: „Unser Führer hat den Gaskrieg im 2. Weltkrieg eingeführt. Es wurden tödliche Gasgranaten über den feindlichen Schützengräben zur Explosion gebracht und schon nach kurzer Zeit konnten wir die gegnerischen Stellungen übernehmen. Die Soldaten saßen oder standen noch mit rosigem Gesicht in ihren Angriffspositionen. Das war eine ganz einfache unsichtbare Waffe. Leider wurde der Gaskrieg nicht weitergeführt, wir waren sehr erfolgreich. Aber die Gegner hatten bald die gleichen Waffen, dann wurde beiderseits auf diese unsichtbare Waffe verzichtet!“

Soweit der historische Hintergrund meiner Erzählung.

An diesem Abend im Oktober war ich froh, ohne Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft nach Hause gekommen zu sein. Die ermitteln so gerne gegen mich, ich weis auch nicht, was die laufend für einen Unsinn ermitteln. Vor Jahren hatte ein Hotelier mit einem sehr großen Hotel gegen mich Strafanzeige gestellt wegen

„Schwerer Körperverletzung“ – an über 100 Personen in seinem Hotel. Darauf steht lt. Strafgesetzbuch bis zu 5 Jahren Zuchthaus. Mein Anwalt ließ sich die Akte kommen und heraus kam, - dahinter steckte unsere ehemalige Geschäftsführerin, die nur 2 Jahre in unserem kleinen Familienhotel gearbeitet hatte. Mir wurde unterstellt, ich hätte einen Buttersäureanschlag auf dieses große Hotel ausgeführt. Es soll gestunken haben und dadurch hätten über 100 Personen Kopfschmerzen gehabt.

So schaltet man die vermeintliche Hotel-Konkurrenz aus, obwohl wir mit unserem sternelosen Hotel –familiengeführt- überhaupt keine Konkurrenz sind. Die Staatsanwaltschaft ermittelte. Nur zum angeblichen Tatzeitpunkt war ich nachweislich durch unsere Gäste in unserem Hotel, konnte also nicht gleichzeitig woanders sein.

Die Staatsanwaltschaft stellte das Verfahren ein.

Meine Gegenanzeige wegen „Falscher Verdächtigung“ wurde nicht aufgegriffen. Wohl auch nicht bearbeitet. Nun war ich „Amts bekannt im ganzen Land“!

An diesem Abend hatte meine Schwester Sauerkraut gekocht, sehr würzig, aß ich für mein Leben gern, dachte nur nicht daran, dass Freund G. in unserem Residenzstädtchen P. mich eingeladen hatte zu einem internationalen Konzert. Ein weltbekannter Violinist und eine sehr bekannte Pianistin spielten auf zum Tag der Deutschen Einheit.

Früh waren wir gekommen, Namen lagen auf den Stühlen. Hinter mir wurde der Polizei-Chef des Kreises platziert, hatte mich als Amts bekannten unmöglichen Menschen von Mönchgut genau im Blickfeld.

Ein schönes Konzert, vor mir wurde gefiedelt und geklimpert und hinter mir ging lautlos der Kontrabass. Lautlos und unsichtbar. Der Polizeichef war ganz blass. Aber er konnte mir nichts beweisen. Auch die Staatsanwaltschaft konnte diesmal kein Ermittlungsverfahren gegen mich einleiten.

Ein Glück, dass Gas ein unsichtbares Kampfmittel ist, das nicht nachgewiesen werden kann.

Ein Glück, dass ich keinen Geruchssinn habe, der ist mir irgend wann wie die Potenz abhanden gekommen . Unsichtbar, unscheinbar, einfach nicht mehr da.

Froh war ich, an diesem bedeutenden Abend unversehrt nach Hause gekommen zu sein.

Da fiel mir der alten Spruch ein: „Wenn `s Ärscherl brummt, ist `s Herzer `l gsund !“

Aufgeschrieben am 4. Oktober 2006 vom rügener Heimatschriftsteller Siegfried Schmidt, Mönchgut/Rügen

 

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