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Rügen Kriminalroman – keine wahre Geschichte !
 

Gmfh        Gmfh, machte der Bank Direktor. Er saß auf einem Strohballen in der Scheune vom Bauern Möhler in Göhren und harrte der Dinge, die da noch auf ihn zu  kommen sollten.

3 Wochen sitze ich nun schon hier in der Scheune, niemand befreit mich, ich habe fast den Eindruck, als würde es niemanden interessieren, dass der Bankdirektor entführt worden ist! – so dachte sich der Direktor. Jetzt hatte er Zeit zum Denken. Zum Überlegen, zum Grübeln über dies und das. Immer nur im Arbeitsdruck, jeden Tag die gleiche Leier.

Der Aufbau Ost hatte begonnen. Man war bei der Bundesregierung in Bonn der Meinung, dass in Mitteldeutschland alles exakt wieder so werden soll, wie in West-Deutschland. In Ost-Deutschland konnte man die Ideen der CDU Regierung von Helmut Kohl nicht umsetzen, Ost-Deutschland war seit Ende des 1. und 2. Weltkrieges besetzt von Polen, der ruhmreichen Sowjetunion, Litauern die das Memelland besetzt hielten, Tschechen sogar weiter im Süden.

Der Einigungsvertrag wurde so formuliert, dass alles einheitlich zu werden hatte. Die Banken und Sparkassen in der DDR waren nach Meinung der Bundesregierung reine Geldeinsammelstellen, da mit dem wertlosen Geld der DDR nichts zu kaufen war. Lebensmittel waren billig, Autos und hochwertige Haushaltsartikel konnte man nicht bezahlen…

Das war die Chance für so manchen im Westen. Die Posten der Bank- und Sparkassendirektoren waren auf Jahrzehnte besetzt, ständig Fusionen, die Posten flogen einem nicht zu. Jetzt die Chance im Osten!

Bankdirektoren und Sparkassendirektoren wurden gesucht, die alten aus DDR-Zeiten wurden entfernt, nach und nach, die Fachleute aus dem Westen durften nachrücken. Der Lehrgang für den gehobenen Dienst konnte noch schnell gemacht werden und dann auf in den Osten.

So war das damals, vor Jahren. Niemand hatte je daran geglaubt, dass man einen Bankdirektor entführen könnte. Trotzdem wurde im Garten eine Flutlichtanlage auf hohen Pfeilern und in den Bäumen installiert. In den 70er Jahren waren viele Banken überfallen worden, in dem beim Bankdirektor privat an seiner Haustür geklingelt wurde. Die arglose Ehefrau öffnete die Tür und herein stürmten bewaffnete Verbrecher, die den Bankdirektor entführten, die Frau knebelten und fesselten, mit dem Direktor zum 2. Direktor nach Hause fuhren, auch seinen Tresorschlüssel mitnahmen und den 2. Direktor auch. So konnte noch in der Nacht der gesamte Banktresor ausgeräumt werden, die Direktoren hinterließ man geknebelt und gefesselt im Tresor. Am nächsten Morgen wurden sie von den Mitarbeitern gefunden.

Die alte Masche hatte man hier auf Rügen bei seiner Entführung nicht angewandt. Wie war das noch vor 3 Wochen?

Ich fuhr mit dem Fahrstuhl in die Tiefgarage, ging wie immer zu meinem Dienst Mercedes, wollte mich gerade hinein schwingen, als mich ein Herr ansprach. Ich wusste im Moment nicht, wer es war, -jetzt weis ich, das ist der Bauer Möhler aus Göhren- der immer Kredit wollte und er bekam keinen, denn wer über 50 Jahre alt ist, bekommt bei mir nichts mehr, der ist viel zu alt, den Kredit jemals zurück zu zahlen!

Mit einem Lappen, den mir der alte Bauer ins Gesicht drückte, schwanden die Sinne. Ich erwachte wieder in der Scheune, geknebelt und gefesselt Das der Bauer mit über 50 Jahren noch so viel Kraft hat, das wunderte mich natürlich. Aber 3 Wochen mich – den Direktor ! hier festhalten! Was ist denn mit der Polizei los?

Da ist man schon mit der Frau vom Polizeipräsidenten so gut befreundet und nichts passiert.

So waren die Gedanken des Bankdirektors hier in Göhren in der Scheune vom Bauern Möhler.

Natürlich war die Polizei nicht untätig. Man hatte die Video-Kameras der Tiefgarage ausgewertet. Dort wo das Auto des Direktors stand, hatte jemand die Linse zugeklebt und bis zum Ausgang ebenso alle Videos waren unbrauchbar.

Der Dienst Mercedes war stehen geblieben mit offener Fahrertür. Wer konnte den dicken Direktor der Bank aus der Tiefgarage hier herausgeholt haben.

In die Tiefgarage kam man nur mit der EC Karte, heraus ebenso. Wer über 1 Stunde hier parkte, bekam die Parkgebühren auf das Konto belastet, wer unter einer Stunde blieb, durfte als Kunde der Bank umsonst parken, aber auch die Kurzparker wurden erfasst. Ein Abgleich aller Kontodaten wurde vorgenommen. Alle Wohnungen der Bankkunden durchsucht. Jeder war bereitwillig dabei, ging es doch um eine Entführung.

Bauer Möhler war nicht dabei, der hatte nicht mal einen Führerschein, nur ein Pferd im Stall, mit dem er regelmäßig ins Freundenhaus nach Stralsund ritt, wenn ihm danach war. Das kostete natürlich und einen Kredit bekam er nicht. Da musste eine andere Geldquelle her.

Es konnte also nur der Weg über die Tiefgarage genommen worden sein, der Direktor hätte doch seinen teuren Dienst Mercedes nicht offen stehen lassen. Suchhunde wurde eingesetzt, die Schleifspur des teuren Nadelstreifen- Anzuges endete an einem anderen Tiefgaragenplatz. Hier muss eingeladen worden sein durch eine Heckklappe. Mehr konnte die Polizei nicht ermitteln.

Alle Kunden, die die Tiefgarage der Bank genutzt hatten, wurden von der Polizei besucht. Nirgends war der Direktor zu finden, bereitwillig lies man die Polizei gewähren, die die Wohnungen unter die Lupe nahm, in der Hoffnung, hier auf der kleinen Insel das Verbrechen schnell aufzuklären.

„So, heute ist Dein letzter Tag bei mir, ab Morgen kannst Du wieder zu Deiner Alten – wenn Du Lust dazu hast!“ erklärte Bauer Möhler.

Erstaunen im Gesichtsausdruck des Direktors.

„Dazu erzähle ich Dir aber noch was, denn jetzt habe ich Geld bekommen und jetzt kann ich immer wenn ich will mit meiner Lotte – das ist mein Pferd – nach Stralsund in den Puff reiten bis zur Frankenstraße schafft sie das immer noch trotz des fortgeschrittenen Alters von 25 Jahren.

Ich habe Dich nicht etwa mit Äther betäubt, auf meine Lotte geworfen und bin mit Dir nach Göhren geritten. Das wäre doch aufgefallen. Das ging ganz einfach.

Deine Alte - heißt sie nicht auch Lotte – hat mir erzählt, Du hättest schon 2 mal das Gesicht liften lassen, mehrmals Schroth-Kuren um Abnehmen gemacht in Oberstaufen, da wo Dich niemand kennt. Aber das Ganze habe nicht geholfen.

Bevor Du auf die Insel kamst, hast Du das Gesicht 2. mal liften lassen, und seit dem das verräterische Grübchen auf dem Kinn. Das war ehemals Dein Bauchnabel. Um den Bauchnabel zu vertuschen hast Du dir den Bart stehen lassen, jedermann kennt nur den unheimlich dicken Bank Direktor mit dem Kraut im Gesicht, niemand außer Deiner Alten kennt mehr das Grübchen - ! Daher war auch der Umzug in den Osten zum Aufbau Ost notwendig? Was?

Deine Alte hat es gereut, dass die Schroth Kuren in Oberstaufen immer teuer waren. Die konnten nicht von der Steuer abgesetzt werden und ein Urlaub in einer warmen Gegend wäre ihr lieber gewesen. Immer musste sie mit, um den Schein einer intakten Ehe nach außen hin zu wahren. Dabei war das lange nicht mehr so. Aber wer so gut verdient, in der Öffentlichkeit steht und sich scheiden lässt, bekommt Ärger mit seinem Chef. So ist das nun mal.

Deine Lotte hat es zusammen mit mir durchgezogen. Den Lappen vor`s Gesicht gedrückt mit Äther, das konnte ich noch allein, aber einen 2 ½ Zentner Mann über den rauhen Betonboden ins nächste Auto ziehen, durch die Heckklappe hinein zu wuchten und nach Göhren zu fahren, da brauchte ich einen zweiten Mann bzw. eine zweite Frau. Ahnst Du schon, wer das war?

Ein Glück dass ich noch die Ferienwohnung von meiner Mutter habe, da konnte ich Dich so schön unterbringen. Das fällt jetzt im Sommer nicht so auf, da sind viele Wohnungen vermietet an Fremde und die kennt keiner, wenn sie aus dem Haus gehen.

Sogar in Göhren hat die Polizei die Wohnungen von Bankkunden durchsucht, wo die Häuser Zwangsversteigert wurden oder es kurz davor war. Aber das war die falsche Spur. So hatte die Polizei auf der ganzen Insel gut zu tun, wochenlang haben sie nach Dir gesucht!

Und das Essen, hat es Dir nicht sehr gut bei mir geschmeckt? Was !? Das habe ich bei meiner Oma gelernt. 3 Wochen so schmackhaftes Essen und Du hast kräftig zugelangt um Deinen Bauch zu erhalten, immer in dem Glauben, es wäre Dein letzter Tag! Dabei haben wir es nur gut mit Dir gemeint!!

Jetzt wiegen wir unser liebes Direktorchen noch mal, so wie jeden Tag, tragen es ein in die Liste so wie jeden Tag und dann liefere ich Dich bei Deiner Lotte ab. Für jedes Kilogramm, das Du weniger auf den Rippen hast, bekomme ich bezahlt. Daher habe ich auch jeden Tag in Dein Essen einen kräftigen Schuss Rizinus Öl geschüttet. Hat doch hervorragend gewirkt, alles hat hervorragend geschmeckt, ich habe es mit vielerlei Kräutern und Gewürzen überdeckt. Schließlich war ich nicht immer Bauer, habe früher sogar beim FDGB als Koch gearbeitet in der Massenbewirtung der Werktätigen, die hier auf Rügen im Urlaub waren.“

Es wurde dunkel glaubte der Herr Direktor, der zig Kilogramm abgenommen hatte in den 3 Wochen. Lotte kam wie verabredet, 3 Wochen Abführmittel das konnte nur ein gesunder Organismus verkraften. Mein Egon schafft das schon. Erstaunlich, wie gut alles ging. Mit dem Auto rückwärts vor die Scheune gefahren, Männe eingeladen, nach Binz auf die Promenade gefahren und im Dunkel der Nacht auf einer Bank abgelegt. Zu zweit geht vieles leichter. Jetzt war er ohnehin viel leichter!

Morgens wurde der Bankdirektor auf der Parkbank liegend an der Kurpromenade des Ostseebades Binz von einem Jogger gefunden.

Die Geschichte, die er erzählte, war unglaublich.

Seine Lotte schien erleichtert ihn zu sehen. Mit der Aussage vom Bauern Möhler konfrontiert, dass seine Lotte ihm geholfen habe – unmöglich, ich kenne gar keinen Möhler aus Göhren. Gesehen hatte der Bankdirektor sie ja nicht, weder in Bergen noch in Göhren, denn er war ja betäubt und im 7. Himmel entschwunden.

Bauer Möhler ist schon seit 3 Wochen nicht mehr in der Öffentlichkeit gesehen worden! Der hat behauptet, er ist im Urlaub in Stralsund. Dort wurde er auch gefunden in der Frankenstraße, im Hof stand seine Lotte.

Die Ferienwohnung war inzwischen gründlich gereinigt worden, nichts deutete mehr auf einen Herrn Direktor hin, der hier hinten in der Scheune in der Ferienwohnung von Bauer Möhler 3 Wochen lang gefangen gehalten worden sein will.

Und die Moral von der Geschichte: Traue nie einer Frau – der eigenen schon gar nicht!

Aufgeschrieben von Siegfried Schmidt, Göhren/Rügen Heimatschriftsteller der Insel Rügen, 13.2.2006

 

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