Die Strandräuber von Thiessow

 

Vor gut 200 Jahren waren noch die Strandräuber auf der Insel Rügen zu Hause. Besser gesagt, im Süden der Insel, auf der sehr abgeschiedenen Halbinsel Mönchgut.

Hier ist das Meer nicht besonders tief. Die Lotsenstation Thiessow gibt es noch heute. Hier kamen die Lotsen an Bord der Schiffe, um über die Untiefen und die Sandbänke zu "lotsen".

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts gehörte die Insel Rügen noch zum Schwedischen Königreich. Nach Beendigung des 30-jährigen Krieges, der auch die Insel Rügen nicht unwesentlich heimsuchte, fiel die gesamte Insel Rügen und einiges vom Pommerschen Festland an das Königreich Schweden. Viele Ausdrücke im Pommerschen Platt sind aus dem Schwedischen entliehen.

1805 hatten die Schweden es satt, von Napoleon bekämpft zu werden, sie überließen die Insel Rügen den Franzosen ohne große Kampfhandlungen. So kam es, dass auch auf der Halbinsel Mönchgut nicht nur Franzosen für die Auffrischung des Blutes sorgten, sondern auch die Soldaten des Kurfürsten von Hessen, der sogar um an Geld zu kommen, seine Soldaten nach Amerika verkaufte. Das war die frühere Art des Kapitalismus, die Ausnutzung der Leibeigenschaft. Aber ich will hier etwas ganz anderes berichten.

Am Südstrand von Göhren auf Mönchgut neben der heute noch duftenden Kläranlage von Göhren liegt der "Hessenstein". Ein ganz einfacher Findling soll hier andeuten, dass hier zur Beobachtung der südlichen Ostsee mit freiem Blick auf die östlich vorgelagerte Insel "Greifswalder Oie", die südlich vorgelagerte Insel "Ruden" und natürlich die Nachbarinseln Usedom und Wollin sowie die pommersche Festlandküste, das hessische Feldlager aufgeschlagen war.

Der hessische Dialekt der Nachkommen ist nicht aufgekommen. Noch heute soll es private Vermieter geben, die sich weigern, Hessen in ihrem Haus aufzunehmen, weil das so gefährliche Burschen seien.

Nach Thiessow trauten sich die Hessen nicht, obwohl hier eigentlich noch bessere Sicht auf das freie Meer war. Aber hier waren damals angeblich die

Strandräuber von Thiessow

ansässig.

Das ging ganz einfach. Wegen dem sehr flachen Wasser an der Meerenge zwischen der südlichen Insel Rügen und dem Pommerschen Festland, genannt "Bodden" oder Greifswalder Bodden/ Stralsunder Bodden hatten es die Kapitäne dieser Zeit nicht leicht, um die gezackte Insel Rügen herum zu kommen. Leuchtfeuer hatte es schon immer am Meer gegeben. Die findigen Bürger von Thiessow entwickelten ihr eigenes "Leuchtfeuer".

So entfachte man am Strand bei Thiessow aus Holz und Stroh große Feuer, die bald von den Seefahrern als "Leuchtfeuer" angenommen wurden. Es war aber nicht das angenommene Leuchtfeuer des Festlandes in der Odermündung sondern ein nicht eingezeichnetes "Leuchtfeuer" von Thiessow. So kam es, dass die Schiffe auf dem seichten Ostseesand aufsetzten und nicht weiter kamen.

Strandgut gehört dem, er es findet!!

Das war ein altes, ungeschriebenes Gesetz. Landwirtschaft war auf dem kargen Boden von Thiessow eine unergiebige Arbeit. Es waren nur feuchte Wiesen da, ein hoher Hügel, auf dessen Krone nun der Friedhof von Thiessow thront und der fruchtbar war, aber sonst war es eben nur ein ärmliches Dorf mit Katen und wenigen Einwohnern.

Strandgut musste her! So kam es, dass sehr viel Strandgut am Strand von Thiessow "gefunden" wurde und die einheimische, platt snackende Bevölkerung nahm sich alles, was so an Land schwamm.

Natürlich konnte man auch das auffischen, was im Wasser schwamm. War also ein hölzernes Schiff zu Bruch gegangen, so kam es sicher mal vor, dass die Fischer mit ihren Netzen auf See gingen und was in ihrem Netz eingefangen war, gehörte ihnen.

Es ist nicht mehr verbindlich überliefert, ob die Bevölkerung auch die Schiffbrüchigen erschlug und ausweidete. Der Name "Weidemann" könnte abgeleitet sein von "ausweiden". Aber das ist sicherlich weit hergeholt.

So sagt man der Bevölkerung von Thiessow nach, das sie manches gerne haben will, was eigentlich anderen gehört.

(In der sogenannten "sozialistischen Bodenreform" schlug die Gemeinde Thiessow zu,
in der sogenannten "Stasi-Aktion-Rose" schlug die Gemeinde Thiessow zu,
in der DDR Zeit mit den sogenannten "Sachsenpressen" schlug man wieder zu,
in der Internet-Zeit forderte die Gemeinde Thiessow gar den Internettitel: www.ostseebad- thiessow.de vom Heimatschriftsteller Siegfried Schmidt, der diesen der Gemeinde sogar als kostenlose Schenkung angeboten hatte mit der Auflage, dass er nur für 10 Jahre für sich kostenlos einen LINK auf seiner Hotel-Internetseite behalten wollte. Statt dieses Geschenk anzunehmen, schrieb die Kurdirektorin von Thiessow dem Schriftsteller nur einen gemeinen e-mail Brief mit allerlei juristischen Androhungen ).


Nach Ablauf der Napoleonischen Zeit kam die Insel Rügen zum Königreich Preussen. Und hier sah man nicht lange mehr zu, dass die Gewässer im Königreich unsicher gemacht wurden durch die großen Leuchtfeuer von Thiessow. Mit königlichem Edikt wurde es fürderhin untersagt, am Strand Feuer zu machen. So ist es noch heute.

Aufgeschrieben von Siegfried Schmidt, Ostseebad Göhren/Rügen
http://www.moenchgut-ruegen.com

2004





 

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