Über den Umgang mit der Prostata


 

Im Dezember 2003 traf ich mich mit meinem Logenbruder in Augsburg. 1989, als die Ungarn die Teilung er Welt beendeten, in dem sie den Eisernen Vorhang öffneten, übernahm mein Logenbruder von mir die Augsburger Loge, die wir 1987 zusammen im Auftrag des Großmeisters gegründet hatten.

Gleich nach der Freigabe unseres 1953 staatlich beschlagnahmten und weitgehend zerstörten Hotels ging ich mit meiner Mutter auf die Insel Rügen in unsere Heimat zurück. Bei dieser Zeit ist für mich in Augsburg "die Zeit stehen geblieben". Denn ich nahm hier nichts mehr wahr, erst als ich erstmals wieder längere Zeit in Augsburg war, also im Dezember 2003.

Mein Logenbruder war nicht mehr "Meister vom Stuhl", denn alle 2 Jahre darf ein anderer der "CHEF" sein. Eine tolle Einrichtung.

So hatten wir Zeit für ein Alt-Männer-Treffen. Zunächst im Bahnhofsrestaurant, dann schlug ich vor, einen Spaziergang durch die Fußgängerzone, zum Rathausplatz, wo nun der Weihnachtsmarkt aufgebaut war, der auf der ganzen Welt bekannt war.

"Erst muss ich noch mal zur Toiletten!" waren seine Worte, er verschwand einige Zeit, kam erleichtert zurück und wir gingen über die stark befahrene Bahnhofstraße stadteinwärts, durch die Fußgängerzone, entlang an übervollen Geschäften, drängten uns durch die Menschenmassen, hörten einem russischen Musikanten zu, der wohl auf einer Balalaika eine alte Russische Weise spielte und auch schon einiges Geld in seinem Musikkasten hatte.

Über den Weihnachtsmarkt stürzte mein Logenbruder sehr schnell hinweg, vor dem Rathaus sah er sich hilfesuchend um! Ich fragte: "Irgend wo ist doch hier die Augsburger Puppenkiste? Da war ich mal drin und sah mir eine Vorstellung an!" - Ja, das sei weiter hinten, Richtung Ulrichskirche. Hilfesuchend sah er sich wieder um, stürzte eine Seitenstraße links neben dem Rathaus hinunter in ein Cafe.

VOLL! Dachte ich mir, da finden wir sicher keinen Platz. Hinter dem Tresen eine dicke Frau, gelb umwandet, eine schwarz angezogene Bedienung so um die 60, der das volle Cafehaus über den Kopf gestiegen zu sein schien. Da hinten, 2 Plätze bei einem alten Ehepaar am Fenster. Ich klemmte mich hinter den Tisch, mein Begleiter, Horst, stürzte auf eine schmale Tür zu. Ein Herr mit langen Hosen war abgebildet.
So machte ich meine Bestellung, er kam bald zurück - auch eine Bestellung. Inzwischen hatte ich versucht, den Unterhaltungen der alten Damen in diesem vollen Cafehaus zu lauschen!

"Martini ist vorbei, uns hat man leben lassen! Martini ist vorbei, uns hat man leben lassen!"
Wie Gänse im Stall dachte ich mir, alles durcheinander, ein Sinn ist da nicht rein zu bringen.

Horst machte ein glückliches Gesicht. Jetzt erst erzählte er, was er sich auf die alten Tage für ein Hobby ausgedacht hatte. 3 mal in der Woche war er im Botanischen Garten in Augsburg, nahm die Blumen auf Video auf. - "Seltsam, noch 1989 hofftest Du, dass Du vorzeitig in Rente könntest und wolltest eine private Sauna im Zentrum von Augsburg eröffnen, und nun nichts?" Ja, das war lange her, inzwischen kamen einige Krankheiten, eine Alt-Männer-Krankheit dazu, nun mache die Prostata nicht mehr mit. Der Arzt habe gesagt, wenn es drängt, sofort eine Toilette suchen, ja nicht zurück halten, das gäbe einen Rückstau in den Nieren und sei schädlich.

Er schilderte im Einzelnen (was ich mir bisher als Krankheit gar nicht hatte vorstellen können). Seine Stadtbesuche richte er nach den in der Nähe der Wege befindlichen Öffentlichen Bedürfnisanstalten. Auf seinem Stadtplan ist alles exakt eingezeichnet.

Gerade machte ich mir meine Gedanken, und schon wieder sprang er auf und rannte auf die schmale Tür zu. Als er erleichtert zurück kam, sagte ich zu ihm:

"Jetzt habe ich die Lösung für Dein Problem. Du siehst ja noch ganz gut aus, da stehen die Damen auf grauhaarige Herren, so um die 70. Bei den 3 Ausflügen pro Woche in die Innenstadt zum Botanischen Garten ziehst Du eine eng anliegende schwarze lange Lederhose an, wie ein Motorradfahrer. Da denken dann die Damen: Der hat aber einen knackigen Hintern! Da kannst Du dann damit auf dem Boden knien, liegen ohne Dich dreckig zu machen und filmen. Der beste Freund eines Mannes wird im rechten oder linken Hosenbein locker unterzubringen sein. Wenn es dann wieder einmal sein muss, langsam laufen lassen, das Bein gerade stellen, am besten über ein Blumenbeet halten oder eine Baumscheibe. Das Hosenbein wird von innen schnell wieder trocken, Leder ist ein gutes Material."

Dankbar wurde der Vorschlag aufgenommen. Er freute sich, dass ich mir Gedanken um seine Gesundheit gemacht hatte. So gingen wir über den Weihnachtsmarkt zurück durch die Fußgängerzone. Als wir in die Bahnhofstraße einbogen meinte er: "Hast Du noch 10 Minuten Zeit? Ich muss noch schnell mal zu Karstadt, im 4. Stock ist ein Öffentliches WC!"
"Ich glaube, dahinten am Königsplatz, wo die Straßenbahnen halten, ist auch ein Öffentliches WC, das ist schon in Sichtweite!" - Nein, er wollte dorthin, wo er sich auskannte.
Hier an der Ecke ist ein Laden von Mc-Donalds, wir standen gerade davor, hier war immer im 1. Stock auch ein WC, gehen wir doch mal hier rein. Der Laden war voll, die Erleichterungsanstalt gleich im EG, eine Farbige Toilettendame davor. Er stürzte in die enge Tür, kam nach geraumer Zeit zurück, zog seinen Innenstadtplan von Augsburg aus der Tasche und machte einen Vermerk: "Öffentliches WC, Ecke Bahnhofstraße, Mc Donalds".

Als wir uns am Parkhaus am Bahnhof trennten, von wo aus ich an meinen schwäbischen Wohnort bei Bad Wörishofen zurückfahren wollte, sah ich ihm noch lange nach, während er langsam in der stark bevölkerten Bahnhofstraße von Augsburg verschwand.
Hoffentlich bekomme ich nicht diese Krankheit!

Als ich ihn zu Weihnachten in Augsburg anrief, bestätigte er mir gleich, er habe meine Idee mit der langen Lederhose einem Bekannten erzählt, der habe darüber gelacht. Auch seine Frau meinte: "Da ist mein Horst nicht der Richtige für solche Lösung!"

Aufgeschrieben von Siegfried Schmidt, Ostseebad Göhren/Rügen 27.Dezember 2003








 

 

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