Besuch bei Mariechen
Ich kam vom Einkauf in Stralsund auf die Insel Rügen zurück. Landschaftlich ist
die Querstraße über die Dörfer Poseritz und Garz nach Göhren am Schönsten.
Als ich so durch die im Winde wogenden Kornfelder fuhr, dachte ich so bei mir:
In Schabernack bei Garz wohnt doch meine alte Freundin Mariechen.
Der Ort heißt tatsächlich so. Ein vergessenes Dorf auf Rügen. Aber Mariechen
wohnt hier, eine weise alte Dame von circa 80 Jahren. Ihr weißes Haus leuchtete
mir schon von weitem durch die flachen Kornfelder der Insel entgegen.

Mit einem Satz über den Zaun gestiegen, die schwarze Katze lag im Korb,
klingelte ich. --- Nichts rührte sich.
So ging ich ums Haus, hier hing frisch gewaschene Wäsche auf der Leine.

Ich zähle, ich kann es als alter Bankier einfach nicht lassen, zu zählen, egal,
was es ist, ob es Bretter an der Wand sind, Autos, oder einfach nur die Muster
der Tapeten. 13 Höschen, 13 Hemdchen wedelten hier im Wind auf dem Wäscheplatz
von Mariechen.

Wenn sie große Wäsche hat, geht sie doch sicher nicht aus dem Haus. Ich
betrachtete die Auslagen etwas näher. Rüschchen aufgenäht, sehr altmodisch. Es
würde mich nicht wundern, wenn sie wollene Unterhosen tragen würde, so wie sie
im Mönchguter Heimatmuseum ausgestellt sind, die im Schritt offen sind, die
Hosenbeine unten zusammengebunden. Aber so was suchte ich vergeblich.

Da! Die Gardine wackelte am Studierzimmer-Fenster. Als rügener Lehrerin a.D. hat
sie natürlich ein Studierzimmer. Hier werden die Geschichten geschrieben, die
dann in der Ostsee-Zeitung oder anderen Schriften veröffentlicht werden. Dadurch
ist Mariechen berühmt geworden.

Ich klingelte nochmals, jetzt an der Küchentür. Nichts rührte sich. Da habe ich
mich sicherlich geirrt. Ein Schatten huschte wahrnehmbar durch das
Studierzimmer.

Vielleicht hat sie Besuch - möchte nicht gestört werden, also ging ich still
meines Weges und wollte nach Göhren zurück.

Einige Tage darauf traf ich Mariechen in Groß Schoritz bei einer großen
Veranstaltung. Das sie 13 Höschen und 13 Hemdchen hatte, verwunderte mich sehr,
wer braucht schon so viel Wäsche zum wechseln und alles gleichzeitig gewaschen!

Ihre Schwester war zu Besuch. Von 2 Damen hingen also hier 13 Hemdchen und 13
Höschen, alle gleich altmodisch mit aufgenähter Bordüre.
Wahrscheinlich wurden alle gleichzeitig gewaschen und man konnte keinen Besuch
empfangen, wenn er auch aus dem weit entfernten Göhren war. Auch das letzte
Hemdchen und Höschen hing auf der Leine.

Ob`s die Nachbarn wohl gesehen haben?
13 Hemdchen und 13 Höschen wedelten im lauen rügener Wind!

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Als mein Hund gerade 1 Jahr alt war, hat er geheiratet. Das war 1994.
Er ist ein Schäferhund-Irisch-Setter-Mischling. Also nichts Edles. Aber eben ein
echter Poke, also ein alteingesessener Mönchguter Stamm.

Ein echter Poke sei nur noch er, teilte mir bei unserer 1991 durch die Deutsche
Einheit und die teilweise Eigentumsrückgabe, der göhrener Bürgermeister mit.
Ein echter Poke ist, wessen beide Elternteile in der 3. Generation auf der
Halbinsel Mönchgut geboren sind.
Da war im Fernsehen mal die Rede von Inzucht auf Mönchgut. Das hat aber der
Pastor gesagt, nicht ich, und schon garnicht der Bürgermeister von Göhren, der
auch so hieß, wie die häufigsten Namen auf Mönchgut, die der Pastor im Fernsehen
aufgezählt hat. Das Haus wollte man dem Pastor anzünden nach der
Fernsehübertragung, dann hat man sich aber doch nicht getraut.

Also ein echter Poke ist mein Hund, beide Elternteile sind in mindestens der 3.
Generation auf der Halbinsel Mönchgut geboren. Etwas Edles, weil es so selten
vorkommt, daß Generationen auf der kleinen Halbinsel Mönchgut heimisch bleiben.

Als ich eines Abends von einer Versammlung der Kurverwaltung Göhren in unser
Hotel zurückkam, erklärte meine Mutter: "Gerade habe ich den Hund in den Garten
gelassen, der sollte Dich bei der Rückkehr begrüßen, jetzt habe ich nur noch den
schwarzen langen Schwanz gesehen, der ist die Carlstraße bergan gelaufen, sicher
zu seiner Feundin an der Waldpromenade."

Ich ging sofort hin, die Carlstraße entlang, rechts in die Elisenstraße, links
in die Gartenstraße, das Haus an der Waldpromenade.

Die Waldpromenade war 1991/92 um 45 gesunde Bäume beraubt worden. Eine
Gemeinderätin hat entgegen des Einigungsvertrages über die Gemeinde Göhren und
einen CDU- Funktionär noch nach der Rückforderung und lange nach der
"angeblichen Wende" ein sehr großes Grundstück gekauft, ca. 1500 qm.  Der
notarielle Kaufvertrag wurde im November 1990 geschlossen, also lange nach der
Deutschen Einheit und der "angeblichen Wende" zum Besseren. Weit gefehlt! Um
hier
freien Blick aufs Meer zu haben, wurde die große Anzahl von Bäumen ausgeholzt.
Nun hatte man den freien Blick aufs Meer. Und das mitten im "Biosphären-Reservat
Süd-Ost-Rügen", also reinstes Naturschutzgebiet. Die trauen sich was!

Mein Hund war schon immer ein Genießer. Ich sah ihn schon von weitem. Er genoss
den Blick aufs Meer, freie Sicht bis nach Saßnitz und die Kreidefelsen.

Als ich näher kam, sah ich, daß er gerade geheiratet hatte. Seine Freundin, eine
bedauernswerte Schäferhündin, die ihr Leben lang an der Kette hing und außen
gerade einen Kreis von 2 Metern ziehen konnte, stand Rücken an Rücken mit meinem
Genießerhund. Sie hatte den Kopf in südlicher Richtung in die Hundehütte
gesteckt. Richtung Norden der lange schwarze Schäferhund-Schwanz. Sie jaulte.

Mein Echter Poke, der Genießerhund, blickte aufs freie Meer, an der abgeholzten
Waldpromenade von Göhren nach Norden. Sein langer schwarzer Schäferhund-Schwanz
war mit dem langen schwarzen Schäferhund-Schwanz seiner nun wohl verheirateten
Freundin zusammengekringelt. Rücken an Rücken standen sie schon, als ich um die
Ecke bog. Nun hörte ich, daß beide Hunde vor sich hin jaulten. Keiner verließ
den Platz.

"Muß das unangenehm sein, wenn beide die langen schwarzen Schäferhund-Schwänze
 so zusammengekringelt haben, daß sie dazu jaulen!"

Es dauerte eine geraume Zeit, bis die langen schwarzen Schäferhund-Schwänze sich
wieder auseinander wickelten.

Nun waren wohl beide verheiratet.

"Wenn das Heiraten so unangenehm ist, daß die Leute dazu jaulen müssen, dann
 bleibe ich lieber Junggeselle!"

Die Frau von meinem Hund ist schon vor Jahren gestorben. Nun ist er Witwer und
lebt bei mir. Von seinen vielen kleinen schwarzen Schäferhund-Kindern ist keines
mehr am Leben. Es wären doch "Echte Poken" gewesen!


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Vor ca. 1o Jahren machte ich dem örtlichen Leichentransporter den Werbespruch
für seinen Leichenwagen.

Zieh aus zieh ein mit O. allein !
O. Leichentransporte en Groß !

Leider hat er den Werbespruch bis heute nicht angebracht. Sicher wäre es
werbewirksam gewesen.

Dafür wollte er in meinem Wohnhaus, das mit einem 25 Meter-Kamin der
Staatssicherheit der DDR gekrönt wird, das erste private Krematorium von
Mecklenburg-Vorpommern einrichten. Ich sollte nur die behördlichen Genehmigungen
einholen.

Also fragte ich an beim Elektriker, der die Elektrik des Hauses beim Neubau 1963
organisiert hat. Der sagte mir:
"Früher hießen wir PGH Produktions Genossenschaft Handwerk Junge Garde! Heute
sind wir alle älter geworden, nun heißen wir GmbH Alte Kerle!"
Die technischen Voraussetzungen für 2 Elektroöfen waren gegeben.

Nun sollte noch der Kurdirektor vom Ostseebad Göhren, Paul Bolle, zustimmen.
Der ereiferte sich! Ein Kurort mit einem Krematorium! Niemals! - Ich sagte ihm:
Sogar die Kurstadt Baden Baden hat ein eigenes Krematorium, warum nicht das
Ostseebad Göhren?
Bolle war dagegen, und wenn der dagegen war, ging garnichts im Ostseebad!

Der junge Kaminkehrer erklärte mir: Mein Spezl aus Greifswald ist am Krematorium
Greifswald für die Kaminreinigung zuständig. Der ekelt sich ständig, damit will
ich nichts zu tun haben. Auch hier Ablehnung.

Der Landkreis Rügen wäre für die Zulassung zuständig gewesen. Umweltamt.
Der Landkreis Rügen war dagegen. Das Amt für Umwelt und Natur in Stralsund war
auch dagegen.

Als ich alle Ablehnungsbescheide zusammen hatte erklärte mir der göhrener
Leichentransporter: "War nur Spaß! Das war dafür, daß Du 1991 einen Sarg bei mir
kaufen wolltest für Dein Wohnzimmer, so als Truhe mit einem Chicken
Häkeldeckchen drauf! Das war gemein, sowas von mir zu verlangen. Jetzt sind wir
quitt!""

Dabei war das mein voller Ernst!

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Lebt die Alte immer noch?

Als wir nach 38 Jahren Deportationszeit, die uns der Deutsche Staat von unserer
Heimatinsel Rügen verbannt hatte, 1991 zurückkehren konnten, war meine Mutter
Liselotte geb. Zobel bereits 78 Jahre alt. Zusammen haben wir den Wiederaufbau
unseres durch das Ministerium des Innern staatlich ruinierten ehemaligen Hotels
geschultert.
Viele Leute meinten: Frau Zobel ist viel zu alt, die schafft das garnicht mehr,
noch zu arbeiten und die Ruinen wieder aufzubauen. Sie schaffte es doch, zur
Verwunderung vieler.

1992 machten wir eine gemeinsame Reise nach Thailand. Dort kaufte sich meine
Mutter eine Armbanduhr. Eine Händlerin stand vor dem Hotel mit ihrem Enkel.
Sie fing bei 150 US Dollar an zu handeln, dann ging es herunter bis auf 20,-- DM
Auf der Uhr stand Rollex. Eine Rollex kann ja niemals für 20,-- DM verkauft
werden. Wir nahmen sie mit.

In Göhren wieder angekommen, bekam das Personal auch Rollex-Uhren zu Weihnachten
geschenkt. Als die Batterie leer war, gingen sie zum Uhrmacher und wollten eine
Ersatzbatterie haben. Der erklärte: "Schämen Sie sich garnicht, so eine billige
Uhr umzubinden? Die schmeiße ich gleich weg!" Nahm sie und warf sie weg. Unser
Personal ließ den Uhrmachermeister von Göhren gewähren.

Als die Batterie an der Armbanduhr von meiner Mutter leer war, ging sie zum
Uhrmacher und wollte eine neue Batterie. Sie blieb aber stehen und wartete, bis
die Arbeit fertig war. Hier traute sich der Meister nicht, die Uhr wegzuwerfen.

Lange Jahre ging es gut, im Sommer 2002 ging ich wieder einmal zum
Uhrmachermeister in Göhren und bat um eine Austausch-Batterie. Verblüfft sah der
Herr Meister die Uhr an und es entfuhr ihm:
"Lebt die Alte immer noch!"
Ich sagte: "Natürlich, meine Mutter lebt immer noch, sie ist noch putzmunter!"
"So meinte ich das garnicht, nur die alte Uhr aus Thailand, daß die noch immer
geht, das meinte ich!"

So bekam ich die neue Batterie eingebaut und die Uhr geht noch heute!






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